Das Thema ist seit vielen Jahren bekannt – nur was hat sich zwischenzeitlich getan? Ungefähr ein Drittel der Erwerbstätigen in Deutschland befinden sich vor dem Eintritt in den Ruhestand. Diese Realität hat verschiedene Auswirkungen, und zwar nicht nur ins Negative.
Die Wirtschaft verliert in einem sich insgesamt dramatisch verändernden Arbeitsmarkt viele hoch qualifizierte Fachkräfte mit weitreichender Bildung und Lebenserfahrung. Diese Menschen sind zum Großteil bereits mit dem Internet, der Digitalisierung und der Automatisierung sowohl bei der Arbeit als auch privat in Berührung gekommen. Der Generationenwechsel muss nachhaltig geplant werden. Denn die Anforderungen werden immer höher und komplexer und außerdem gibt es weniger Nachwuchs und damit ein Überangebot an offenen Stellen und Ausbildungsplätzen.
Die aus dem Arbeitsmarkt ausscheidenden Menschen sind durch ihre Qualifikationen, außer sie sind gesundheitlich eingeschränkt, gut auf den dritten Lebensabschnitt vorbereitet. Die längere Lebenserwartung ermöglicht entsprechende Planungen, z.B. auch in Richtung Ehrenamt. Ein Großteil von ihnen will sich engagieren, nur nicht unbedingt zu festen Zeiten. Das macht freilich nichts; denn die Zukunft ist digital. Durch das Internet können sie sich, wenn sie wollen, Tag und Nacht informieren und sich Angebote aussuchen, die für den Einzelnen interessant sind. Darauf sollten sich Ehrenamtsbörsen und Anlaufstellen vor Ort einstellen. Im Hinblick auf Menschenkenntnis, Fachwissen Problemlösungskompetenz können die „Alten“ den nachwachsenden Generationen eine große Hilfe sein.
Die Infrastruktur des Wohnungsmarktes ist auch ein Feld, dessen zukünftige Entwicklung betrachtet werden muss. Wohnungen und Häuser – ob Eigentum oder gemietet – werden sich nachhaltig verändern. Kleine Einheiten mit optimaler Verkehrsanbindung und Einkaufsmöglichkeiten, im besten Falle zu Fuß erreichbar, haben wirklich Zukunft. Wichtig sind auch Kultur- und Freizeitangebote. Die Zukunft verlangt nach neuen und machbaren Wohnformen. Dazu zählen zum Beispiel Mehrgenerationenhäuser und Wohngemeinschaften. Die Nachbarschaftshilfe muss aktiviert und gestärkt werden, auch durch die Vernetzung von Jung und Alt.
Eine große Herausforderung sind die Themen Gesundheit und Pflege sowie die entsprechende Versorgung. Die Gesundheit muss durch Prävention gestärkt werden. Dafür muss es flächendeckend Angebote geben. Zum Beispiel Sportvereine, Schachclubs und Begegnungen der Generationen müssen ausgebaut und flexibler gestaltet werden.
Die Anzahl der Menschen, die auf Unterstützung im Alter angewiesen sein werden, wird sich durch den Renteneintritt der Babyboomer massiv erhöhen. Oft haben diese Menschen keine Kinder oder diese wohnen nicht vor Ort. Die Verbindung lässt sich dann zwar durch das Internet, Telefon-, Videogespräche teilweise aufrechterhalten. Und sicherlich lassen sich durch Digitalisierung und künstliche Intelligenz in den Wohnungen Systeme zur Heizungssteuerung, Sturzprophylaxe, Bewegungsmelder und Einbruchsicherungen einbauen, jedoch müssen die Menschen erst vom Nutzen überzeugt werden. Und: Die menschliche Zuneigung, Ansprache und Fürsorge ist durch Technik nicht zu ersetzen.
Ein wesentlicher Punkt ist auch die Planung des finanziellen Auskommens im Alter. Dafür müssen diejenigen, die jetzt im Berufsleben stehen, frühzeitig selbst Verantwortung übernehmen. Sich nur auf die staatlichen Sozialversicherungssysteme zu verlassen, ist nicht mehr zeitgemäß und fahrlässig. Vermögensbildung und Absicherung müssen in jungen Jahren geplant und durchgeführt werden. Dabei sind Bedarf und Bedürfnisse in regelmäßigen Abständen zu prüfen und anzupassen.
Gesetzlich oder private Rente, betriebliche Altersversorgung, Kapitalanlagen und Immobilien müssen qualifiziert betreut und bedarfsgemäß ausgerichtet werden.
Daher sollte man ab dem 50. Lebensjahr eine nachvollziehbare und regelmäßige Anpassung durch qualifizierte Finanzdienstleister vornehmen lassen. Dazu ist das Internet ungeeignet. Dort kann man sich zwar gerne informieren, jedoch ist die Unterstützung durch einen qualifizierten Berater unbedingt die bessere Lösung.
Die finanzielle Lebensplanung und der Vermögensaufbau sind eine echte Herausforderung, die man nicht vernachlässigen sollte. Das staatliche Sozialsystem kann nur ein Teil der zukünftigen Planung sein und die Entwicklung dieses Systems in der Zukunft wird nicht positiv sein. Jeder ist für sich selbst verantwortlich.
Um langfristig selbst entsprechende Entwicklungen und Risiken feststellen zu können, darf man sich allerdings auch nicht nur auf Berater verlassen, sondern muss sich selbst um ein gewisses Maß an Aufgeklärtheit und Kenntnis bemühen. Als Orientierung für die „Finanzanalyse für Privathaushalte“ gibt es seit einiger Zeit eine DIN-Norm. Mit ihrer Hilfe können Verbraucher selbstständig Veränderungen und notwendige Anpassungen feststellen – und im besten Falle dann mit den festgestellten Ergebnissen zu einem Berater ihres Vertrauens gehen und auf Augenhöhe gemeinsam mit ihm planen.
Erlenbach, im November 2022
Gerhard Schuhmacher
1. Vorsitzender
Caritas Sozialstation St. Johannes e.V.